...weil es eben so ist.

Wochen spaeter.
Ich sitze mal wieder im Zug nach Heidelberg,
suche verzweifelt nach einem Kugelschreiber;
welcher faellt mir in die Hand?
Ein hellblauer, matter Kugelschreiber,
eigentlich voellig wertlos das Ding,
wenn es nicht zufaellig ein Geschenk
des Menschen gewesen waere,
dem ich noch vor eineinhalb Monaten
meine ganze Liebe geschenkt habe.
Komisch, so schnell geht das.
Als wir neulich im Auto sassen,
ich werde ihn nie vergessen,
Deinen Blick,
Deine strahlenden so aufmerksam suchenden Augen.
Deine Selbstverstaendlichkeit und doch
durchschimmernde Unsicherheit.
Ein schoenes Profil hast Du.-

Unregelmaessiges Piepsen;
ein Maedchen spielt auf seinem Handy.
Die anderen Schweigen sich an.
Es ist ein Grossraumabteil,
ein solches mit Tischen.
6 Personen sitzen sich jeweils gegenueber und schweigen sich an.
Einer liest zum 19. Mal das Fahrplanheftchen,
als wolle er Schaffner werden.
Ein anderer schaut hochkonzentriert zum Fenster hinaus,-
...wir fahren durch einen Tunnel-
Eine Dame links neben mir schaut ebenso wichtig auf den kleinen Gang.
Das Maedchen laechelt ab und an herueber,
es liest jetzt ein Magazin.
Auch ein paar Worte haben wir schon gewechselt, leise.-
Interssant sind die Personen, die zu zweit reisen und
sich wie der Herr mit dem Fenster und die Dame mit dem Gang verhalten.
Sitzen stundenlang nebeneinander und wechseln mehr Worte mit dem
Schaffner,
als sie untereinander austauschen.
Aber dieses Schweigen ist nicht jenes Abtasten von Schwingungen
oder die Suche Gefuehle aufzunehmen und an sich zu lassen.
Nein, sie sitzen da, weil sie eben da zusammen fahren,
wie sie zusammen leben,
weil das eben so ist.

Eigentlich ziemlich traurig dieses "weil es eben so ist".
Dieses "es ist doch schon so lange so,
wir fuehlen uns recht wohl, warum etwas aendern?"-

Nun bin ich durcheinander.
Dein Laecheln, Deine so selbstverstaendlich strahlenden Augen
und meine innere Distanz.
Ich spuere meine Mauer,
wie sie steht und weicht und sich unerbittlich
immer und immer wieder aufbaut,
sich tuermt, unnahbar schuetzt und ewiglich zu ersticken sucht;
Ein Zittern.-
Und doch bedeutest Du mir so viel, unbeschreiblich.-
Sie weicht nicht von mir, diese Angst-
Meine Augen bleiben Dir verschlossen,
zu halten was in mir gewachsen.
Vielleicht ist es besser so.
"besser so" erinnerst Du Dich?
""besser so" ist Quatsch" hast Du gesagt.
nein, ich glaube diesmal hat es einen Sinn,
und dieser Sinn tut weh.

Ich glaube ich habe Dich wirklich geliebt.

Der Zug ruckelt an,
es ist nicht mehr der nach Heidelberg,
es ist der Zug des Lebens,
wuerde er nicht staendig bremsen und anfahren
wuerden wir vergessen dass es ihn gibt.
Und trotzdem ist das vermeindliche Halten
und Zuckeln beim Losfahren nichts weiter
als ein unaufhaltsames Rasen in Richtung Leben.
Doch gibt es sicher mehr als eine Moeglichkeit Zug zu fahren.
Man muss nicht schlafen weil man hofft
bei Verlassen des Zuges eine bessere Welt zu finden,
ein Leben nach dem Fahren.
So sage mir,
wie kann ich auf eine andere Welt warten,
wenn ich nicht erkenne was des Lebens ist?

Du moechtest einen Engel sehen?
unschuldig.
Du hast ihn bereits von Deiner Schwelle gejagt.-

Weinend liegst Du auf dem Bett,
kannst sie nicht erklaeren, Deine Traenen,
Du hoerst den Fluegelschlag an den Laeden vorbeiziehen.
Du zitterst.

Da schwebt er dahin.
Die Frau im Supermarkt,
in dem kleinen an der Ecke,
ist sie ein Engel?

Und wenn jeder seinen Engel suchen wuerde,
waere ich der letzte der diese Erde verlassen wuerde.

Nun sitze ich wieder hier.
Lese immer und immer wieder Deine Zeilen.
Sie sind nicht mit der Hand geschrieben,
vielmehr mit Deiner Seele.
Der Kugelschreiber.
Matt, hellblau, wertvoll.
in meinem Herzen.
ich betrachte den Sand, wandere zum Meer,
leise die Gischt, ein Stueck Unendlichkeit.
ehrfuerchtig knie ich im Sand,
ein Rauschen,
ich sacke ein,
Rauschen,
ich werde umspuelt.
Rauschen-

ich blicke auf,
unbegreiflich,
Ruhe,
Liebe,
ein Gefuehl, als berste die Brust.-

Ich bin ein Teil,
meine Seele ein kleiner Ast.
Das Meer sein Herz.

Ein Wir, die Bluete.


Der Unterschied zwischen Zug und Aufzug ist,
dass Du im Auf-zug selbst mit dem Schaffner nicht reden wuerdest.
Zu grausam die Bloesse, dass Du Deinen "Aufzug" niemals verlassen hast.

Solveig 11-2000/21+22-02-2001