Hier habe ich die, das Thema betreffenden, wichtigsten Punkte der Enzyklika rausgeschrieben.

Mit freundlicher Genehmigung aus:

("Die unterschlagene Enzyklika" von Georges Passelecq / Bernard Suchecky Hanser Verlag 1997)


 

Punkt 126: "Näheres zur Vielfalt der Rassen"

 

"Wenn sich die Welt doch nur von diesem irrigen und unheilvollen Rassismus befreien koennte, der rigide zwischen höheren, niederen, autochthonen Rassen trennt, der unveränderliche Unterschiede des Blutes unterstellt! Sicherlich exuistieren heutemehr oder weniger vollkommene oder mehr oder weniger entwickelte Rassen, wenn man sie nach den äußerlichen Manifestationen ihres kulturellen Lebens beurteilt. Doch die Unterschiede haben ihre Ursache in den Bedingungen der Umwelt. Das heißt, allein der Einfluß der Umwelt konnte - die Ergebnisse des Wirkens des souveränen freien Willens einmal beiseite gelassen - die Entwicklung der grundlegenden Tendenzen der Rasse in die eine oder in die andere Richtung auslösen, und er allein kann diese Entwicklung fortsetzen. Selbst wenn wir zugeben, daß diese anfänglichen Tendenzen der Rasse in die eine oder die andere Richtung auslösen, und er allein kann diese Entwicklung fortsetzen. Selbst wenn wir zugeben, daß diese anfänglichen Tendenzen oder diejenigen, die aufgrund der Rasse nachträglich entstehen, eine gewisse Richtung vorgeben und der Entwicklung sowie den auf die Umwelt zurueckzuführenden Einflüssen, sogar Grenzen setzen, so bilden sie dennoch keine Grundlage, aus der wesentliche Unterschiede zwischen den einzelnen Rassen hervorgehen würden, was ihre Disposition für ein religiöses, sittliches und kulturelles Leben angeht. Diese Wahrheit resultiert aus den Lehren, die uns die Offenbarung sowie die Philosophie und andere Wissenschaften erteilen." Ein fluß der Umwelt Denn diese Lehren zeigen eher die ursprüngliche und wesentliche Einheit der menschlichen Rasse auf und damit verbunden die Tatsache, daß die grundlegenden Tendenzen nicht auf ursprüngliche Unterschiede des Blutes, sondern auf den Einfluß der Umwelt einschließlich des geistigen Klimas zurückzuführen sind. Solchem Einfluß waren bestimmte bedeutende, für sich isolierte Menschengruppen für eine lange Zeitdauer unterworfen. Darin verhalten sich die unterschiedlichen rassischen Tendenzen in ihrer positiven Entwicklung quer durch die verschiedenen Rassen genauso wie die anderen Elemente, aus denen menschliche Gemeinschaften be stehen. Sie verleihen dem Ganzen eine starke Prägung individueller Vitalität und bereichern das Leben der Menschheit in ihrer Gesamtheit. Einzig die günstige oder ungünstige Einstellung der gestrigen oder heutigen Umwelt - die Wirkungskraft der menschlichen Freiheit immer noch ausgenommen - übt auf diese fruchtbare und positive Entwicklung der Verschiedenheit der Rassen in der Gegenwart einen Einfluß aus.

Punkt 128: Praktische Folgen für die Kolonisierung

Logischerweise impliziert also die Existenz mehr oder weniger entwickelter Rassen keine Rassenfrage, weder vom biologischen Standpunkt aus noch vom theologischen, wo sie eine göttliche Erwählung oder Ungnade bezeichnen würde. In der Praxis läuft die Sache in erster Linie auf einen Einfluß der Umwelt hinaus. Wenn die kolonisierenden Nationen, getrieben von politischen Ambitionen, von der Gier nach materiellem Gewinn, ihre Pflicht vernachlässigen, mit Hilfe geeigneter politischer, sozialer und wirtschaftlicher Maßnahmen das kulturelle Niveau bestimmter Menschengruppen anzuheben, und es dabei versäumen, das beständige Beispiel der Kirche in ihrem Missionswerk nachzuahmen, wenn sie in gewissen Fällen die kolonisierten Völker sogar auf ihrem niedrigen Niveau halten, dann verletzen sie zum schon wiederholt ausgedrückten Leidwesen der Kirche die elementaren Grundsätze der christlichen Moral und des Naturgesetzes. Diese Prinzipien hinsichtlich der die Kolonisierung und die Eingeborenen betreffenden Rechte wurden im übrigen kurz nach der Entdeckung der Neuen Welt in der Kirche formuliert. Trotz der damals aus Habgier und aufgrund politischer Ambitionen allzu häufig begangenen und nur zu bedauerlichen Verstöße gegen diese Prinzipien beeindrucken sie noch immer. In einem Maße, daß sie, wie wir heute beobachten können, bei den stolzen, mächtigen und zukunftsträchtigen Völkern Südamerikas heimisch geworden sind. Der lebende Beweis, sagen wir es ruhig, für die Erfüllung der göttlichen Pläne in der Vielfalt und Mischung der Rassen. Wie hätte dagegen das Ergebnis ausgesehen, wenn der Rassismus bei der Kolonisierung dieser Regionen seinen zerstörerischen Einfluß hätte uneingeschränkt ausüben können? Höchstwahrscheinlich etwas Ähnliches, was wohl mit den europäischen Völker geschehen wäre, wenn ihre unterschiedlichen Elemente - selbst eine Mischung verschiedener Rassen - durch den Rassismus, wie man sagt, »gesäubert« worden wären.

Punkt 129:

Der Rassismus hat seinen schädlichen Einfluß lange Zeit auch in bestimmten Gebieten des amerikanischen Kontinents ausgeübt, von seinen jüngsten Bestrebungen ganz zu schweigen. Dort blieb der Gedanke einer starren Unterscheidung zwischen niederen und höheren Rassen weniger aufgrund der Umweltbedingungen lebendig als durch die künstliche Aufrechterhaltung bestimmter Vorurteile. Und seine praktische Umsetzung findet er in der Entfesselung der schändlichsten menschlichen Instinkte in der sogenannten Lynchjustiz. Er zeigt sich auch noch bei denen, die die Reben jenes Weinstocks, der Christus ist, sind und sein wollen, die die Glieder seines mystischen Leibs sind und sein wollen und dennoch im Prinzip und in der Praxis nicht zugeben, daß das Haus Gottes, das allen Rassen offensteht, der sichtbare Ausdruck ihrer Brüderlichkeit in Christus ist.

Punkt 130: Ratschläge für die Beziehungen zwischen den Rassen

Deshalb sollten die Menschen guten Willens alle ihre Kräfte darauf verwenden, im öffentlichen Zusammenleben der Rassen alle Unterscheidungen verschwinden zu lassen, die nur als entehrend und ausschließend erscheinen können, damit die Beziehungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen ausschließlich von Gerechtigkeit und Nächstenliebe unter den Rassen bestimmt seien. Wahrscheinlich wird niemand diese wohlüberlegte Bemerkung auf jene sozialen Unterschiede und Abgrenzungen anwenden, die aus einem brüderlichen Gefühl heraus und aus Vorsicht unter den gegenwärtigen Umständen zum Vorteil der verschiedenen Rassen angeraten bleiben. Es gibt nichtkodifizierte Ehehindernisse, die von Unterschieden im Alter; in der Erziehung, der gesellschaftlichen Stellung oder sogar von physischen Bedingungen herrühren, Die Vorsicht der Eltern, die Weisheit der unmittelbar Betroffenen, die erfahrene Führung eines Geistlichen haben sie gewöhnlich immer berücksichtigt. Es bestehen aktuelle Gegebenheiten dieser Art, ohne daß sie bei Verbindungen zwischen den Rassen ein unwandelbares und rigides Gesetz darstellen. Diese wiederum tun gut daran, sie in ihrem eigenen Interesse zu berücksichtigen, gemäß dem Wort des heiligen Augustinus: »f du zeigestj, wie wir nicht allen alles schuldig sind, allen aber Liebe schuldig sind, und nicht einem Unrecht zu tun!«15 Insgesamt gesehen sind diese ungeschriebenen Ehehindernisse zwischen den Rassen den kodifizierten vorzuziehen, vor allem wenn ein solcher Kodex in die Persönlichkeitsrechte der Individuen oder in die Natur der Ehe selbst eingreift, einer von Christus eingesetzten Institution, deren alleinige Hüterin die Kirche ist. Das ist Gerechtigkeit. Denn welch eine Beleidigung wird einer Rasse zugefügt, wie sehr wird die Menschenwürde verletzt, wenn die Heirat zweier Angehöriger verschiedener Rassen systematisch verboten wird, während im Gegensatz dazu an den illegitimen sexuellen Beziehungen zwischen Angehörigen innerhalb der betreffenden Gruppen niemand Anstoß nimmt.

 

5. Die Juden und der Antisemitismus
(Religiöse Sonderstellung)

Punkt 131:

Diejenigen, die die Rasse zu Unrecht auf dieses Podest erhoben, haben der Menschheit einen schlechten Dienst erwiesen. Denn sie haben nichts getan, um der Einheit näher zu kommen, nach der die Menschheit strebt. Man fragt sich natürlich, ob dieses Ziel von vielen Befürwortern einer sogenannten Reinheit der Rasse redlich verfolgt wird oder ob ihre Absicht nicht eher dahin geht, eine raffinierte Parole auszugeben, um die Massen für ganz andere Ziele zu gewinnen. Der Verdacht erhärtet sich, wenn man beobachtet, in welchem Maße Untergruppen derselben Rasse zur selben Zeit von denselben Menschen völlig unterschiedlich beurteilt und behandelt werden. Er wird noch stärker, wenn klar wird, daß der Kampf für die Reinheit der Rasse schließlich einzig zu einem Kampf gegen die Juden wird, einem Kampf, der sich weder in seinen wahren Motiven noch in seinen Methoden - mit Ausnahme seiner systematischen Grausamkeit - von den Verfolgungen unterscheidet, denen die Juden seit der Antike allerorten ausgesetzt waren. Diese Verfolgungen sind vom Heiligen Stuhl bei mehr als einer Gelegenheit verurteilt worden, vor allem wenn sie sich des Christentums als eines Deckmantels bedienten.

Punkt 132: Die gegenwärtige Verfolgung der Juden

Ist die Verfolgung einmal in Gang gekommen, dann werden Millionen von Menschen auf dem Boden ihres eigenen Vaterlandes der elementarsten Bürgerrechte und -privilegien beraubt, man verweigert ihnen den Schutz des Gesetzes gegen Gewalt und Diebstahl, Beleidigung und Schmach harren ihrer, man geht sogar so weit, das Brandmal des Verbrechens Personen aufzudrücken, die das Gesetz ihres Landes bis dahin peinlich genau befolgt haben. Sogar jene, die tapfer für das Vaterland gekämpft haben, werden wie Verräter behandelt; die Kinder derer, die auf dem Schlachtfeld gefallen sind, werden aufgrund der alleinigen Tatsache, wer ihre Eltern sind, für außerhalb des Gesetzes stehend erklärt. Die patriotischen Werte, an die man zugunsten einer bestimmten Klasse von Bürgern so lauthals appelliert, werden der Lächerlichkeit preisgegeben, sobald man sich zugunsten jener Unglücklichen auf sie beruft, die ihre Rasse aus der Gemeinschaft ausschließt.
Diese eklatante Verweigerung elementarer Rechte gegenüber den Juden treibt Millionen völlig mittellos über diese Erde, den Unwägbarkeiten des Exils ausgesetzt. Von Land zu Land irrend, sind sie sich selbst und der Menschheit insgesamt eine Last.

Punkt 133: Eine Frage nicht der Rasse, sondern der Religion

Und dennoch hat diese ungerechte, erbarmungslose Kampagne gegen die Juden unter dem Deckmäntelchen des Christentums, wenn man so sagen darf, zumindest den einen Vorteil gegenüber dem Rassenkampf, daß sie die wahre Natur, die eigentliche Grundlage der gesellschaftlichen Sonderstellung der Juden gegenüber der übrigen Menschheit in Erinnerung ruft. Diese Grundlage besitzt unmittelbar religiösen Charakter, die sogenannte Judenfrage ist ihrem Wesen nach weder eine Frage der Rasse noch der Nation, noch des Volkstums oder des Staatsbürgerrechts. Es handelt sich um eine Frage der Religion und seit der Menschwerdung Christi um eine Frage des Christentums. Um den grundsätzlichen Irrtum dieser antisemitischen Politik, ihre Schädlichkeit und überdies ihre Wirkungslosigkeit gerade in bezug auf die Ergebnisse, die man erreichen möchte, klar zu begreifen, muß man sich auf die traditionelle Lehre der Kirche zu dieser Frage beziehen, auf ihre Haltung in der Praxis und auch auf die Lehren der Geschichte.

 

Position der Kirche gegenüber dem Judentum

Punkt 134: Lehre der Offenbarung

Vom historischen Standpunkt aus stellt man fest, daß im Laufe der Entwicklung der Menschheit einem einzigen Volk eine Berufung im eigentlichen Sinne des Wortes zuteil wurde. Dies ist das jüdische Volk, vom Allmächtigen erwählt, um der Fleischwerdung seines einzigen Sohnes in dieser Welt den Weg zu bereiten: Sie sind Israeliten; damit haben sie die Sohnschaft, die Herrlichkeit, die Bundesordnungen, ihnen ist das Gesetz gegeben, der Gottesdienst und die Verheißungen, sie haben die Väter, und dem Fleisch nach entstammt ihnen der Christus...« (Röm. 9,4 und 5).

Punkt 135:

Die Berufung des Volkes Israel nahm im erhabensten Augenblick seiner Entwicklung in einem unerhörten und beispiellosen Ereignis Gestalt an, einem Ereignis, das den Lauf der Geschichte erschüttert und tiefgreifend verändert hat. In einem bestimmten Augenblick in der Zeit wurde an einem bestimmten Ort im Raum, in einem der Stämme Israels einem jüdischen Mädchen durch das Wirken des Heiligen Geistes derjenige geboren, den die Propheten Israels seit so vielen Jahrhunderten angekündigt und erwartet hatten: Jesus Christus. Seine Mission und seine Lehre sollten die Mission und die Lehre Israels vollenden. Seine Geburt, sein Leben, sein Leiden, sein Tod, seine Auferstehung waren die Erfüllung der Gestalten und Prophezeiungen, die ihn ankündigten. So außerordentlich dieses Ereignis war, es ist mit einer nicht weniger außerordentlichen Tatsache verbunden, die in der Geschichte ebenfalls ohne Beispiel ist. Der Erlöser, den Gott seinem erwählten Volk in Antwort auf jahrtausendlange Bitten und Gebete sandte, wurde von diesem Volk zurückgewiesen, gewaltsam verstoßen und von den höchsten Gerichten des Volkes im Einver ständnis mit der heidnischen Macht, die das jüdische Volk damals beherrschte, wie ein Verbrecher getötet. Durch das Leiden und den Tod des Heilands wurde die ganze Menschheit erlöst; die Sünden der Welt wurden hinweggenommen; die Pforten des Himmels geöffnet. Dem Menschen wurden durch den zweiten Adam die Privilegien zurückgegeben, von denen ihn die Sünde seiner ersten Ahnen ausgeschlossen hatte, und das Königreich Christi im Geiste wurde für alle Ewigkeit begründet. Die Erlösung öffnete der ganzen Menschheit die Pforten des ewigen Heils; sie schuf ein universelles Reich, in dem es keine Unterscheidung zwischen Juden und Heiden, zwischen Griechen und Barbaren gibt. Sogar die Tat, mit der das lüdische Volk seinen Erlöser und König tötete, diente, um mit den energischen Worten des heiligen Paulus zu sprechen, dem Heil der Welt.

Punkt 136:

Andererseits haben die Juden, durch den Traum von weltlichem Gewinn und materiellem Erfolg verblendet, das verloren, wonach sie selbst gesucht hatten. Einige herausragende Seelen stellen eine Ausnahme von dieser Regel dar: die Jünger des Heilands, die ersten israelitischen Christen und durch die Jahrhunderte hindurch eine winzige Minderheit des jüdischen Volkes. Dadurch, daß sie die Lehre Christi angenommen haben und sich in seine Kirche eingliedern ließen, gelangten diese Seelen in den Besitz des christlichen Erbes, doch das sind damals wie heute Ausnahmen. »Was Israel erstrebt, hat nicht das ganze Volk, sondern nur der erwählte Rest erlangt; die übrigen wurden verstockt« (Röm. 9, 7). »Vielmehr kam durch ihr Versagen«, das heißt durch die Zurückweisung des Messisas durch die Juden, die der Grund für ihren weltlichen und geistlichen Ruin ist, »das Heil zu den Heiden«, wie der heilige Paulus sagt (Röm. 9, 11).
Darüber hinaus wurde dieses unglückliche Volk, das sich selbst ins Unglück stürzte, dessen verstockte Führer den göttlichen Fluch auf ihre eigenen Häupter herabbeschworen, das, wie es scheint, dazu verurteilt ist, ewig über die Erde zu irren, durch eine geheimnisvolle Vorsehung vor dem völligen Untergang bewahrt und erhielt sich durch die Jahrhunderte bis in unsere Tage hinein. Keine natürliche Erklärung scheint diese unbegrenzt fortdauernde Existenz und diesen unzerstörbaren Zusammenhalt des jüdischen Volkes auf eine befriedigende Weise zu erklären.

Punkt 137: Die Lehre des heiligen Paulus

Der heilige Paulus weist gegenüber den Heiden auf den offensichtlichen Widerspruch zwischen dem Unglauben des jüdischen Volkes einerseits und der ihm von der Vorsehung bestimmten Rolle im Heuspian der Menschheit andererseits mit Nachdruck hin. Er geht aber weiter und deutet an, daß man wegen des Heils Israels nicht zu verzweifeln brauche, daß die Erlösung, die sich durch die Zurückweisung und den Tod des Erlösers vollzog, die Früchte ihres Heils nicht nur auf die Heiden, sondern auch auf jenes Volk selbst erstrecke, das ihn zurückwies, unter der einzigen Bedingung, daß es Reut zeige und Christus als seinen Erlöser anerkenne...... So sind sie infolge des Erbarmens, das ihr gefunden habt, ungehorsam geworden, damit jetzt auch sie Erbarmen finden« (Röm. 11, 31).

Punkt 138:

Obwohl die Heidenwelt in dem Maße, in dem sie sich zur Lehre Christi bekehrt hat, an der Erfüllung der dem jüdischen Volk gemachten Verheißungen teilhat, hat sie dennoch keinen Grund, sich dessen zu rühmen. Der heilige Paulus bringt seine Gedanken in einer eindringlichen Metapher zum Ausdruck: das Volk Israel ist ein edler Ölbaum, in den man die Zweige eines wilden Ölbaums eingepfropft hat (Röm. 11, 16-24). Die Wurzeln des Baumes - die Patriarchen des Alten Bundes - sind heilig, und die Zweige sind es, zumindest ihrer ursprünglichen Bestimmung nach, ebenfalls. Doch unter den Zweigen gibt es welche - die ungläubigen Juden-, die vom Baum herausgebrochen wurden und zu Boden fielen. Die Zweige des wilden Ölbaums dagegen - die Heiden - wurden in den edlen Ölbaum eingepfropft. Dennoch sollten die Heidenchristen auch nach ihrer Bekehrung zum wahren Glauben und ihrer Aufnahme in die Kirche Christi drei Dinge in Erinnerung behalten. Die Wurzeln und der Saft des alten Baumes sind es, dank deren sie das übernatürliche Leben genießen. Die aus den Heidenvölkern hervorgegangenen Christen werden, weit davon entfernt, die Wurzeln des Baumes zu tragen, von diesen getragen: das heißt, nicht Israel empfängt das Heil von den Heiden, sondern vielmehr umgekehrt. Die Heidenchristen selbst werden, wenn sie den Glauben an Christus verlieren und sich hochmütiger Verstockung hingeben, zweifellos das unglückliche Los der herausgebrochenen Zweige teilen. »Gewiß, sie wurden herausgebrochen, Weil sie nicht glaubten. Du aber stehst an ihrer Stelle, weil du glaubst. Sei daher nicht überheblich, sondern fürchte dich!«

Punkt 139:

Der heilige Paulus begnügt sich jedoch nur damit, die Heidenchristen vor übertriebener Zuversicht zu warnen. Er hält an der Möglichkeit des Heils für die Juden fest, vorausgesetzt, daß sie sich von ihrer Sünde abwenden und zu den geistigen Traditionen Israels zurückkehren, Traditionen, die aufgrund der Vergangenheit des jüdischen Volkes und seiner historischen Bestimmung wirklich die ihren sind, denn die Heiden werden nur infolge einer besonderen Gnade zu ihren Nutznießern. Wenn der Augenblick dieser Rückkehr gekommen ist - ob es sich nun um Individuen handelt (so war es in der Vergangenheit, und so ist es noch heute> oder um das jüdische Volk in seiner Gesamtheit-, dann sind diejenigen, die zu Christus zurückkehren, mehr als alle übrigen Völker der Welt voll und ganz zu Hause, wie im Hause der Familie. Es gab zur Zeit des heiligen Paulus und in der Folge stets einen Rest von Erretteten. Reliquiae salvae factae sunt (Röm. 11, 5). So wendet sich der Apostel der Zukunft zu und deutet mit prophetischer Stimme die Bekehrung der Heiden als Vorzeichen, das die Rückkehr und die Bekehrung Israels, ganz Israels, omnis Israel, nicht nur der einzelnen, sondern des jüdischen Volkes in seiner Gesamtheit, ankündigt.

Punkt 140:

Israel hat den Zorn Gottes auf sich gezogen, weil es das Evangelium zurückgewiesen hat. Und dennoch hat es gerade dadurch die Evangelisierung der Welt vorangetrieben und in der Folge die Bekehrung der Heiden. Israel bleibt das ehemals erwählte Volk, denn Gott hat seine Wahl niemals widerrufen. Durch das unaussprechliche Erbarmen Gottes kann auch Israel von einer Erlösung profitieren, die es sozusagen dadurch, daß es ihre Annahme zurückwies, auf das ungläubige Heidentum ausgedehnt hat. »Denn Gott hat alle in den Ungehorsam eingeschlossen, um sich aller zu erbarmen.« (Conclusit enim Deus omnia in incredulitate, ut omnium misereatur.) »0 Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!« (0 altitudo divitiarum sapientiae et scientiae Dei!)

Punkt 141: Historische Folgen des Falls Israels

Wenn man aber von diesem unsichtbaren Plan des Übernatürlichen zu den Realitäten der Geschichte übergeht, konkretisiert sich dieses tiefe Paradox in klar umrissenen Situationen, Nach der Verstoßung des Messias durch sein eigenes Volk und der Annahme der christlichen Botschaft durch die Heidenwelt, die an den göttlichen Verheißungen keinen Anteil hatte, bemerken wir beim jüdischen Volk eine beständige Feindschaft gegenüber dem Christentum. Daraus ergibt sich eine fortwährende Spannung zwischen Juden und Christen, die eigentlich niemals wirklich nachließ, obschon ihre gelegentlichen Äußerungen recht harmlos wurden.

Punkt 142: Vorbehalte der Kirche

Die hohe Würde, die die Kirche der historischen Mission des jüdischen Volkes zuerkennt, ihr brennender Wunsch nach seiner Bekehrung haben sie jedoch nicht für die spirituellen Gefahren blind gemacht, denen der Kontakt mit den Juden die Seelen aussetzen kann. Sie vergißt nicht, daß sie über die sittliche Sicherheit ihrer Kinder zu wachen hat. Und diese Aufgabe ist heute sicher nicht weniger dringlich als in der Vergangenheit. Solange der Unglaube des jüdischen Volkes andauert und seine Feindschaft gegenüber dem Christentum fortbesteht, muß die Kirche in ihren Bemühungen die Gefahren unterbinden, die dieser Unglauben und diese Feindschaft für den Glauben und die Moral ihrer Gläubigen darstellen könnten. Wenn die Kirche darüber hinaus entdeckt, daß der Haß gegen die christliche Religion - sei er nun jüdischen Ursprungs oder nicht - vom rechten Wege abgekommene Unglückliche dazu bringt, revolutionäre Bewegungen zu unterstützen und zu propagieren, die auf nichts anderes abzielen, als die gesellschaftliche Ordnung umzustürzen und den Seelen die Kenntnis, den Respekt und die Liebe Gottes zu entreißen, so ist es ihre Pflicht, ihre Kinder vor diesen Bewegungen zu warnen, die Tücken und Lügen ihrer Anführer zu entlarven und die von ihr als notwendig erachteten Maßnahmen zu ergreifen, um die Ihrigen zu schützen. Die Geschichte zeigt uns, daß die Kirche diese Aufgabe, ihre Gläubigen vor den jüdischen Lehren zu warnen, wenn die darin enthaltenen Punkte den Glauben bedrohen, niemals vernachlässigt hat. Sie hat niemals die unglaubliche Heftigkeit der Vorwürfe unterschätzt, die der heilige Stephanus, der erste Märtyrer, den eigensinnigen Juden machte, die sich wissentlich dem Anruf der Gnade verweigerten: »Jhr Halsstarrigen ...« (Apg. 7, 51). Sie hat gleichfalls vor allzu leichtfertigen Beziehungen mit der jüdischen Gemeinschaft gewarnt, die in das christliche Leben Gebräuche und Sichtweisen einführen könnten, die mit seinem Ideal unvereinbar sind Die kompromißlose Entschlossenheit und die stille Reserviertheit, die diese Warnungen und Maßnahmen zur Selbstverteidigung abwechselnd geprägt haben, entsprechen nicht etwa Veränderüngen in der Lehre - die Lehre hat sich nie verändert , sondern veränderten Umständen oder neuen Einstellungen bei den Juden selbst. Übrigens darf die Politik der Kirche auf diesem Gebiet nicht mit der Einstellung der einzelnen Individuen verwechselt werden. Diese Politik bestimmen der katholische Episkopat in seiner Gesamtheit, die Konzilien, vor allem wenn sie ökumenisch sind, und schließlich die Päpste.

Punkt 143:

Doch obwohl die Lehre der Kirche hinsichtlich der Beziehungen zwischen der jüdischen und der christlichen Gemeinschaft und ihre praktische Haltung gegenüber den aufgezeigten Problemen einerseits die Notwendigkeit deutlich machen, energische Maßnahmen zur Bewahrung des Glaubens und der Sitten ihrer Gläubigen zu ergreifen und die Gesellschaft selbst vor den schädlichen Einflüssen des Irrtums zu schützen, beweist die traditionelle Lehre der Kirche auf der anderen Seite nicht weniger klar das Unvermögen und die Wirkungslosigkeit des Antisemitismus als eines Mittels zur Erreichung dieses Ziels. Es hat sich herausgestellt, daß der Antisemitismus der Aufgabe, die er sich gestellt hat, keineswegs gewachsen ist und seinen eigenen Absichten entgegenwirkt, da er nur weitere und noch gefährlichere Hindernisse produziert.

Punkt 144: Verurteilung des Antisemitismus

Daß die Verfolgungsmethoden des Antisemitismus mit dem wahren Geist der katholischen Kirche in keinster Weise in Einklang zu bringen sind, beweist endgültig ein Dekret des Heiligen Offiziums vom 25. März 1928: »Denn die katholische Kirche hat für das jüdische Volk, das der Verwahrer der göttlichen Verheißung bis Jesus Christus gewesen ist, trotz der späteren Verblendung, ja gerade wegen dieser Verblendung, stets gebetet. In dieser Liebe hat der Apostolische Stuhl dieses Volk gegen ungerechte Verfolgung beschützt, und wie er allen Haß und alle Feindschaft unter den Völkern verwirft, so verurteilt er ganz besonders den Haß gegen das einst auserwählte Volk Gottes, nämlich jenen Haß, den man "Antisemitismus" nennt« (»Acta Ap. Sedis«, XX, 1928). Ecclesia enim catholka pro popub judaico, qui divinarum usque ad lesum Christum promissionum depositarins fuit, non obstante subsequente ejus obcaecatione, immo ipsius obcaecationis causa, sem per orare consuevit Qua caritate permota Apostolica Sedes eumdem populum contra injustas vexationes protexit, et quemadmodum omnes invidias ac simultates inter populos re pro bat, ita vel maxime damnat odium nempe illud quod vulgo antisemitismi nomine nunc significari solet.

Punkt 145: Verfolgungen verstärken nur die Übel

Die Geschichte hat zum wiederholten Male gezeigt, daß Verfolgungen, weit davon entfernt, die unsozialen oder schädlichen Eigenschaften einer unterdrückten Gruppe auszuschalten oder zu vermindern, nur die Tendenzen verschärfen, die diese aufkommen ließen. Was zunächst nur wechselhafte Einstellungen und vage Tendenzen einzelner oder unbedeutender Gruppen waren, verfestigt sich unter der Wirkung der Verfolgung zu einem Ganzen mit markanten, klar definierten und verallgemeinerten Zügen. Der Widerstand wird sie nur noch weiter verstärken. Die Opfer der Verfolgung glauben in der Verfolgung und in der Unterdrückung selbst die Rechtfertigung für Verhaltensweisen zu finden, die man bei ihnen eigentlich unterdrücken will.

 

 

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